Kaufberatung für Schlagzeuge
Häufig kommen Anfänger oder Eltern auf mich zu und Fragen, was sie denn am besten kaufen sollen. Meine Antwort ist meist sehr kurz: “Das kommt drauf an”.
Moment, aber warum denn so kompliziert?
Wie wir noch sehen werden, ist eine kurze und einfache Antwort nicht immer möglich.
Wer an dieser Stelle nicht genau weiß, was denn überhaupt ein Schlagzeug ist, dem sei mein erster Artikel an’s Herz gelegt.
Da dieses Thema sehr komplex und fast schon endlos sein kann, was ich am Schreiben dieses Posts bereits bemerkt habe, bitte ich um Kommentare und Hinweise um diesen kleinen Ratgeber immer ein Stückchen besser zu machen. Es ist also nicht der Weisheit letzter Schluss!
Zunächst die Gliederung des Artikels:
1. Für wen ist das Set? Kind oder Erwachsener?
2. Soll es ein akustisches oder elektrisches Schlagzeug sein?
3. Gebraucht oder lieber neu?
4. Meine Empfehlungen
5. Links zu Geschäften und Börsen
1. Für wen ist das Set? Kind oder Erwachsener?
Das betrifft hauptsächlich die Größen des Drumsets. Natürlich braucht ein fünfjähriges Kind ein kleineres Schlagzeug als ein Erwachsener. Doch was bedeutet erwachsen? Meine Erfahrung zeigt, dass man ab einer Größe von ca. 1,35m – 1,40m eigentlich problemlos jedes Schlagzeug in “Standardgrößen” spielen kann. Für euch größere geht es bei Abschnitt 2. weiter.
Und was machen jetzt die ganz Kleinen?
Hier gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man kauft seinem Kind ein sogenanntes Kinderschlagzeug, also ein Set welches extra für Kinder hergestellt wurde, oder man sucht nach einem Set mit kleineren Größen, wie sie z.B. im Genre Jazz verwendet werden.
Es ist letztendlich eine Frage des Budgets. Kinderschlagzeuge kosten meist nicht viel, was sie gerade für Anfänger attraktiv macht. Man sollte sich dabei bewusst machen, dass die Qualität dieser Sets sehr “einfach” gehalten ist und bei Kindern recht schnell der Wunsch aufkommt ein “richtiges” Schlagzeug zu spielen. Aus persönlicher Erfahrung kann ich berichten, dass dies fast immer der Fall ist. Auch beim Wiederverkauf schwindet der Vorteil des niedrigen Anschaffungspreises.
Die Vor- und Nachteile des Kindersets tauschen ihre Positionen, wenn man darüber nachdenkt ein hochwertigeres Schlagzeug mit kleinen Größen anzuschaffen. Wobei es hier ebenso günstige Angebote geben kann. Ein Nachteil ist meist, dass diese Jazz-Sets nur zwei Toms (ein Hänge und ein Standtom) beinhalten, was jedoch für den Unterricht oder für das Üben kein wirkliches Problem darstellt. Ein klarer Vorteil ist neben dem besseren Sound, der besseren Qualität und Haltbarkeit, dass diese Sets für einen fairen Preis weiterverkauft werden können.
Im vorletzten Abschnitt “Meine Empfehlungen”, findet ihr direkte Links zu Schlagzeugen, die ich Preis-Leistungs-technisch für sinnvoll erachte.
2. Soll es ein akustisches oder elektrisches Schlagzeug sein?
Aber wer soll denn Lärm im eigenen Heim gut finden? Mal abgesehen davon, wohnt nicht jeder in einem alleinstehenden Haus. Damit ist doch eigentlich alles klar, oder? Es muss ein elektisches Set sein?! Oder etwa nicht?
Tatsächlich gibt es auch hier keine schnelle und einfache Antwort. Und ich bin mir sicher, dass meine Empfehlungen am Ende des Artikels den einen oder anderen überraschen wird.
Zunächst zum E-Drum
Elektronische Schlagzeuge werden oft mit dem Hinweis verkauft, sie seien lautlos. Zum gewissen Grad stimmt das auch. Einige Kleinigkeiten sollten aber beachtet werden. Wirklich leise sind nur die Trommeln mit sogenannten “Meshheads”, also Netzfellen, die mit den Stöcken angeschlagen werden. Neben diesen “Trommeln” gibt es auch Gummipads, die als Beckenersatz eingesetzt werden. Auf dem Titelbild dieses Artikels kann man beides sehr gut erkennen. Die Gummipads sind jedenfalls nicht wirklich lautlos und können ein bis zwei Räume weiter noch gut gehört werden. Noch lauter können die Trittschall-Geräusche werden, die beim Benutzen der Fußpedale entstehen. Hier sollte man vorher abklären, ob jemand unter einem wohnt. Für bastelfreudige bietet sich an ein Podest zu bauen, um den Trittschall zu minimieren. Natürlich gibt es auch schon vorgefertigte Podeste, die man zu einem fairen Kurs erwerben kann. Wie dieses hier beim Musikhaus Thomann.
Bei guter Vorbereitung und Beachtung obiger Einschränkungen ist es jedoch möglich sich eine gute und angenehme Übungsumgebung Zuhause zu schaffen.
Kommen wir nun zu Nachbars Liebling.
Das akustische Schlagzeug…
… ist wirklich sehr laut! Einfache Tipps und Tricks, wie Eierkartons, bzw. Schaumstoff helfen hier so gut wie kaum. Sollte jemand ein alleinstehendes Haus besitzen und kein Problem mit Lärm haben, dann wäre es jedenfalls eine Option. Mit genügend Platz und eigenem kleinen Kellerraum kann hier der gut betuchte Bastler auch einen Raum im Raum errichten. Dies wäre dann aber die absolute Luxusvariante. Anleitungen dazu gibt es haufenweise im Netz. Ein wirklich gutes und anschauliches Video dazu biete Hornbach auf Youtube.
Die andere Möglichkeit ein akustisches Schlagzeug zu spielen besteht darin einen Proberaum zu mieten, oder zumindest als Untermieter eine kleine Ecke zu besetzen.
3. Gebraucht oder lieber Neu?
Im Laufe der Zeit habe ich gemerkt, dass diese Entscheidung mehr mit der individuellen Einstellung und dem “Wohlfühlfaktor” zutun hat, und weniger eine Frage des Geldes ist. Denn die simple Annahme, gebrauchte Instrumente wären immer günstiger kann sich nicht wirklich halten. Meist ist man gewillt für beide das gleiche Geld auszugeben.
Was ist also dann der Unterschied?
Neue Instrumente haben den gleichen Charme wie alle neuen Dinge, die man auspacken darf. Ganz genau, sie sind sicher verpackt, makellos, funktionieren perfekt und das wichtigste ist, dass alleine ich bestimme, wie sorgsam ich damit umgehen werde. Dafür haben neue Produkte eben auch einen höheren Anschaffungspreis. Sollte ich also rund 700EUR zur Verfügung haben, bekomme ich dafür ein Set aus der unteren Mittelklasse. Das gilt aber nur, wenn ich für das Geld ausschließlich den Kesselsatz (nur die Trommeln) kaufe. Wenig hochwertig aber dafür mit allerlei Zubehör kommen sogenannten “Einsteiger-Sets” daher. Diese bieten oft den dazugehörigen Hardwaresatz (Ständer, Hocker und Fußmaschinen) und gelegentlich auch einen passenden Beckensatz, um dem Käufer ein sorgenloses Komplettpaket anbieten zu können.
Um es mal ganz einfach zu formulieren. Man bekommt für 700EUR ein komplettes Set mit allem drum und dran. Man bekommt für 700EUR einen Kesselsatz (nur die Trommeln) mit Hardware. Man bekommt für 700EUR nur den Kesselsatz. Und letztlich bekommt man für 700EUR nur eine Snare, oder eben nur zwei Becken.
Keine Sorge ich gehe in der Sektion Empfehlung genau darauf ein, was ich für sinnvoll erachte!
Kommen wir nun zu gebrauchten Schlagzeugen.
Bei einem Wertverfall von rund 50%-60% kann man mit 700EUR oft gebrauchte Schlagzeuge finden, die einen Neupreis von über 1400EUR hatten. Das bedeutet, dass man für das gleiche Geld ein höherwertiges Schlagzeug bekommt, welches eben nicht neu ist. Darin liegt dann auch ein gewisses Risiko.
Auf was sollte man achten?
Zunächst muss klar sein aus welcher Serie und aus welchem Jahr das gute Stück stammt. Damit lässt sich auch der Neupreis relativ gut bestimmen. Je älter das Set ist, umso mehr kann davon ausgegangen werden, dass es im Laufe seiner Geschichte einiges erlebt hat. Von Bühneneinsätzen und Transporten, bis zu feuchten Probekellern ist hier alles möglich. Durch ein Gespräch und ein Begutachten vor Ort lässt sich meist schnell erkennen, welch Lebensweg das Objekt unserer Begierde hatte. Holz- und Lackschäden, sowie angelaufenes Metall lassen sich jedoch ohne Probleme leicht erkennen. Gelegentlich lassen sich in Gebrauchtbörsen Sets finden, die nur einige wenige Jahre auf dem Buckel haben und immer schön im wohl temperierten Raum standen. Kleinere Kratzer am Lack und an der Hardware sind wirklich unproblematisch.
4. Meine Empfehlungen
Im Folgenden werde ich versuchen Empfehlungen zu geben, die ich persönlich für sinnvoll halte. Natürlich gibt es so viele Ansichten und Meinungen, wie es auch Menschen gibt. Auch soll es weniger um Begriffe wie “Richtig” oder “Falsch” gehen, sondern um einfache Tipps, die sich an die Anforderungen und Wünsche der Käufer richten.
Weiterhin wird es hier ausschließlich Empfehlungen mit kurzer Begründung geben. Zu den Hintergründen folgen in nächster Zeit ausführliche Artikel, die dann hier verlinkt werden! Dieser Post ist schon relativ lang … bitte bleibt tapfer!
Gehen wir nun die Punkte nacheinander durch:
1. Kleine Kinder
Für Kinder ab 5 bis ca. 9 Jahre empfehle ich ein kleines Erwachsenenset, also ein Set in Jazz-Größen (16″ oder 18″ Bassdrum / 10″ und 14″ Toms / 13″ oder 14″ Snaredrum). Kurze Begründung: Die Qualität und der Sound von sogenannten Kindersets liegt sogar noch unter dem des Einsteigersets. Ein Jazz-Set mit kleineren Größen lässt sich leichter verkaufen, während ich aus Erfahrung weiß, dass ein billiges Kinderset sehr schnell auf dem Sperrmüll landet.
2. Akustisch oder elektrisch?
Trotz Lautstärke empfehle ich hier in erster Linie ein akustisches Schlagzeug. Dieses sollte auch nicht im eigenen Haus stehen, sondern in einem Proberaum. Warum ein akustisches Schlagzeug besser sein soll und wie man an einen Proberaum kommt, wird in weiteren Artikeln erläutert! Bis dahin in Kürze: Ein elektrisches Schlagzeug verhält sich in vielen Dingen grundlegend anderes als ein akustisches. Wer also wirklich daran interessiert ist das Schlagzeugspiel richtig zu erlernen, kommt an einem “richtigen” Drumset nicht vorbei!
Erst wenn es wirklich überhaupt keine andere Möglichkeit gibt, würde ich das E-Drum als Alternative in Erwägung ziehen. Auch hier ist meine Erfahrung, dass mich Schüler mit E-Drums nach maximal sechs Monaten ansprechen und auf ein akustisches Set wechseln wollen. Der Verkauf von E-Drums gestaltet sich ebenso etwas schwieriger, mal abgesehen davon, dass ein mittelmäßiges E-Set leicht über 1000EUR kosten kann. Es kann also sogar sinnvoll sein, die ersten 3-6 Monaten ganz auf ein eigenes Set zu verzichten!
4. Gebraucht oder Neu?
Es gibt Menschen, die keine gebrauchten Dinge kaufen möchten, und die kann und will ich auch nicht überzeugen. Ich persönlich würde immer ein gutes gebrauchtes Set kaufen, da der Gebrauchtzustand in den seltensten Fällen einen Nachteil darstellt. Hier ist es möglich ein Set der oberen Mittelklasse für gutes Geld zu bekommen und dieses eines Tages auch ohne große Verluste weiter verkaufen zu können. Wer also gerne verhandelt und ein gutes Händchen hat, kann hier durchaus tolle Schnapper machen.
5. Generelles
Ich empfehle es generell Becken und Trommeln separat zu kaufen. Natürlich spart man Geld, wenn man auf ein Komplettpaket zurückgreift. Dabei ist das Schlagzeug in diesen Paketen meist noch in Ordnung, während die Becken mehr als Folterinstrumente eingesetzt werden könnten. Auch hier als Erfahrungswert, die Dinger landen sehr schnell auf dem Müll und der Schüler kauft sich dann doch wieder neue Becken, was am Ende noch mehr ins Geld geht.
Meine Kaufempfehlungs-Hierarchie ist eigentlich immer die gleiche. Becken sollten in Sachen Wichtigkeit und Qualität ganz oben auf der Liste stehen, denn diese klingen je nach Preisniveau immer gut, oder eben immer schlecht. Aus einem günstigen Set lässt sich noch am meisten herausholen. Die Snare sollte im Mittelfeld liegen. Ebenso sollte man nicht bei der Hardware (den Stativen und Fußmaschinen) sparen! Die Wichtigkeit dieser Hilfsmitte wird stetig unterschätzt. Gute Hardware-Sets bekommt man hier auch schon im mittleren Preissegment.
6. Ausnahmen
Die Becken des Schlagzeuges würde ich trotz höherem Preis neu erwerben. Oder zumindest gebraucht mit Rechnung. Im Gegensatz zu den Trommeln sind Becken viel anfälliger gegen eine unsachgemäße Benutzung. Ein falscher Schlag und schon kann eine Kerbe einen Riss im Becken verursachen. Es gibt dann wirklich nur noch die Möglichkeit eines Tausches. Hier kommt dann die Garantie des Herstellers in’s Spiel. Deswegen sollte man unbedingt eine Rechnung parat haben. Denn damit lässt sich das teuerste Stück meist innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren tauschen.
5. Links zu Geschäften und Börsen
Einige konkrete Links und Angebote neuer Instrumente:
1. Drumsets:
Günstig und mittelpreisig – KinderSet ohne Hardware 1
Set ohne Hardware 2
Set ohne Hardware 3
Hochwertiger – Kinder
Kinder wachsen sehr schnell, deswegen belasse ich es bei den günstigen und mittelpreisigen Kauftipps!
Günstig und mittelpreisig – Erwachsene/Jugendliche
Set ohne Hardware 1 (wegen spezieller Farbe ein Geheimtipp!)
Set ohne Hardware 2 (inkl. Snare)
Set ohne Hardware 3 (inkl. Snare)
Hochwertiger – Erwachsene/Jugendliche
Set ohne Hardware 1
Set ohne Hardware 2(sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis)
Set ohne Hardware 3
2. Becken
Beckenset 1
Beckenset 2
Beckenset 3 (Premium)
3. Snares (falls nicht im Set enthalten!)
Snare 1
Snare 2
Snare 3
4. Hardware
Hardwareset 1
Hardwareset 2
Hardwareset 3
5. Komplettangebote (auf eigene Verantwortung)
Set 1
Set 2
Set 3
6. E-Drums (wenn es wirklich sein muss 😉
E-Set 1
E-Set 2
E-Set 3
Hier noch die “bekanntesten” Gebrauchtbörsen:
Tolle Tips! Das ist ja schon eine ganze, schriftliche Beratung!
Ich habe nur eine Kleinigkeit hinzuzufügen. Ich empfehle, ein Schlagzeuggeschäft zu suchen oder dort nach einer Beratung zu fragen, statt schnell online zu bestellen oder in ein Musikkaufhaus mit wenig Beratung zu gehen. Meine Erfahrungen aus der “Musikstadt” Köln könnten unterschiedlicher nicht sein. Ich suchte nach einem 18″ Tom, im Music Store lief ich an zwei Modellen vorbei, fragte den Verkäufer, der mir sagte: “Haben wir nicht”. Auf nach Nachfrage gab es noch einmal dieselbe Antwort. Ich war nicht samstags da, sondern in der Woche tagsüber… Im Drum Center, selbe Stadt, konnte mir Dieter Blahak genau sagen, _welche_ Trommel ich _warum_ kaufen sollte. Das geht auch im unteren Preisbereich… ich empfehle: Immer mit Beratung! Man spart am Ende Geld und Nerven und ist glücklich statt frustriert.
Hi Axl,
das ist wirklich ein sehr guter Punkt und den sehe ich genauso. Am besten man wendet sich an den Händler seines Vertrauens. Dieser Artikel ist als erste Orientierungshilfe gedacht und soll auch Menschen erreichen, die keine Möglichkeit haben ein Musikhandel zu besuchen. Lieben Dank fürs Feedback 🙂 sewy